… im Juni 2016

Sommer-Sonnenwende  –  Wandelzeit

– noch nie habe ich das so deutlich wahrgenommen wie gerade jetzt. Noch nie ist mir um mich herum und auch in mir so viel Umbruch, Unsicherheit, Ungewissheit, Orientierungslosigkeit, Chaos begegnet – und gleichzeitig auch so viele neue Möglichkeiten, so viele neue Ideen und Kreativität, so viele Menschen, die aufstehen, sich einbringen für eine neue Welt, ein neues Miteinander.

Mir macht es Mut und gleichzeitig fordert es mich heraus. Ich denke an einen Auszug aus einem Spruch der Hopi, der bei mir im Haus hängt und eine stille Freude erfüllt mich beim Lesen dieser Worte:


„Der Fluss strömt jetzt sehr schnell.
Er ist so mächtig und schnell, dass einige Angst haben werden.
Sie werden versuchen, am Ufer zu verharren.
Sie werden den Sog spüren und schrecklich darunter leiden.
Ihr wisst, der Fluss folgt seiner Bestimmung.
Die Ältesten sagen, wir müssen das Ufer verlassen, mitten hinein in den Fluss,
mit offenen Augen und den Kopf über Wasser.
Schau, wer mit dir ist und feiere. „

Wandlung beginnt in mir, wenn ich das annehme und in mein Herz nehme was ist, genau so wie es ist, wenn ich den Mut habe, die alten Masken abzulegen und mir selbst ehrlich, liebevoll und mitfühlend in die Augen zu schauen und mich in die Arme zu nehmen.

Gerade in dieser Zeit der Sommer-Sonnenwende wird mir so sehr deutlich, wie sehr mein Denken noch immer geprägt ist durch unser dualistisch und herrschaftlich geprägtes Weltbild, durch Wertung, durch „entweder-oder“, durch die Unterscheidung von Gut und Böse, und ich beginne, meine Glaubenssätze und mein Handeln entsprechend zu hinterfragen.

Diese Zeit lehrt mich, neu zu verstehen, dass scheinbar so gegensätzliche Pole wie Licht und Dunkelheit doch immer gemeinsam vorhanden sind und der eine Pol immer im anderen enthalten ist: in dem Moment, an dem die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hat und das Licht seine volle Entfaltung erfährt, genau dann hält die Dunkelheit wieder Einzug in unser Leben; eine Blüte beginnt in dem Moment, in dem sie zur Vollkommenheit erblüht, auch wieder zu verwelken; mit unserer Geburt beginnt auch unsere Endlichkeit und unser Tod. Umgekehrt wird in der dunkelsten Nacht das Licht geboren, wenn die Blume verwelkt, entsteht der Same und damit neues Leben… Beides gehört in unserem Leben gleichermaßen dazu: Licht und Dunkelheit, Geburt und Tod. Erst meine Bewertung der Pole (Geburt = gut, Tod = schlecht) entscheidet darüber, ob es mir leicht fällt, diesen Wechsel zwischen beiden anzunehmen. So erlebe ich auch in mir, wie viel leichter es mir fällt, freudvoll die Neugeburt des Lichtes zur Winter-Sonnenwende zu begrüßen als die wieder kürzer werdenden Tage nach der Sommer-Sonnenwende.

Und gleichzeitig spüre ich, dass meine Abwertung und meine Angst vor dem Vergehen, vor dem Tod mich abhält, wirklich zu leben und meine Kraft, mein Licht voll zur Entfaltung zu bringen. Was uns helfen kann sind neue Bilder, Bilder, die uns helfen zu verstehen, dass der Tod nicht unser Feind ist, Bilder die fühlen lassen, dass wir im Tod aufgehoben und gehalten sind. Menschen mit Nahtoderfahrungen berichten davon. Mir hat ein Bild sehr geholfen, das ich während eines 24 Stunden Rituals bei meiner Naturcoaching-Ausbildung bei Ursula Seghezzi bekam. Im rituellen Sterben wurden wir abgeholt von einem Totenzug, wir waren eingebettet in die Gemeinschaft der Sterbenden. Ein so schönes Gefühl zu wissen, ich bin im Sterben nicht alleine, da sind andere, die mit mir gehen.

Und oft ist es nicht der physische Tod, vor dem wir Angst haben, oft ist es das Loslassen von Vertrautem, Bekanntem, auch wenn es uns eigentlich schon lange nicht mehr gut tut. Meine Anbindung und Rückverbindung zur Natur und das gemeinsame Singen hilft mir ebenso wie die Verbindung im Kreis liebevoller Menschen. Hier kann ich Verbundenheit spüren, fühlen, was ich bereits vergessen glaubte, dass ich im ewigen Kreislauf des Lebens gehalten und getragen bin, kann mein Vertrauen nähren und den Mut finden, den nächsten Schritt zu wagen.

Wie heilsam dies sein kann, durfte ich erfahren, als ich im Kreis von 7 Frauen in diesem Jahr die Sommer-Sonnenwende mit einem Feuerritual in meinem Garten gefeiert habe. Wir alle hatten uns mit einem Naturgang vorbereitet, haben uns mit unserer Seele verbunden und Antworten aus der Natur empfangen. Im liebevollen, nährenden Kreis der Frauen haben wir uns mit Tönen, Liedern und im Da-Sein gegenseitig bestärkt und gehalten. So waren wir am Abend bereit, das was uns im Weg steht, was uns hindert, in unsere Kraft zu kommen, den Flammen des Sonnwendfeuers zu übergeben. Und wir waren bereit, den Schmerz, den uns das Loslassen bereitet, zu fühlen, wahrzunehmen, im Feuer stehen zu bleiben. Ein neues Lied begleitete uns dabei:

„In tiefster Angst erwacht die Liebe, in tiefster Dunkelheit das Licht,
in tiefstem Schmerz erwacht dein Herz, in größter Sorge deine Zuversicht.

Bleib im Feuer steh’n, bleib im Feuer steh’n
bleib im Feuer steh’n, lass dich verwandeln.
Spür deine Angst, spür deinen Schmerz,
lass dich berühr’n, nimm ihn in dein Herz.
Was dich berührt, das kann dich wandeln.

Werde die/der, die/der du bist, die/den du schon so lang vermisst,
auf die/den du schon gewartet hast so lange Zeit.
Geh hinaus in das Licht, zeige dein Gesicht,
ehrlich und wahrhaftig – es ist so weit!“

Als wir uns voneinander verabschiedeten, war für alle deutlich spürbar, wie viel leichter und heiler wir alle uns fühlten. Wir waren uns selbst und einander ein gutes Stück näher gekommen. Wandlung war spürbar. Danke allen, die diesen Sommer-Sonnwend-Wandeltag mit mir gefeiert haben!

Am darauffolgenden Tag ist in meinem Garten eine Libelle geschlüpft. Als Larve hat sie zuvor im dunklen, schlammigen Grund meines kleinen Gartenteiches gelebt. Nach dem Schlüpfen hat sie noch lange auf ihrer dunklen Larvenhülle gesessen, bevor sie in die Luft und ins Licht flog. Von der Libelle kann ich lernen, mich regelmäßig in die vergessenen Sümpfe meines Unterbewusstseins zu begeben und meine alten Glaubenssätze behutsam zu entlarven, um im Anschluss um einiges farben-froher und mit mehr Leichtigkeit daraus hervorzugehen. Was für ein Geschenk!

Ich wünsche uns allen, dass wir gestärkt und mit Liebe in unseren Herzen aus dieser Wandelzeit hervorgehen, mit neuen Impulsen und Ideen für eine neue Welt, für eine neue Zeit!

4 Kommentare

  1. Liebe Sabine, ich danke Dir sehr für das Teilen Deines Erkenntnis- und Wandlungsweges – besonders die Geschichte vom Schlüpfen der Libelle. Auch wenn ich nicht bei Eurem Sommer-Sonnenwend-Ritual dabei war, läßt mich Deine Schilderung soviel von der Kraft spüren, die dabei fließen konnte.
    Ich habe gerade bei einer Reha-Kur in Bad Kissingen auf dem “ Weg der Besinnung“ ein Lied empfangen: „Ich gehe meinen Weg, ich gehe Schritt für Schritt, ich gehe meinen Weg und nehm´mich selber mit.
    Ich gehe meinen Weg, ich gehe Schritt für Schritt, ich gehe meinen Weg und nehm´dich auch gern mit.
    Ich gehe meinen Weg, ich gehe Schritt für Schritt, ich gehe meinen Weg und nehm´euch alle – im Herzen mit.“
    Dieses „Lied“ habe ich dann in der großen Abschiedsrunde im Kreis gehend mit zitternder Stimme gesungen.´ Nun wartet es noch darauf, „arrangiert“ zu werden.
    Ich freue mich auf die gemeinsame Singzeit an der Ostsee.
    alles Liebe von Margitta

    1. Danke, liebe Margitta! Ich freue mich sehr, dass die Kraft unseres Sommerrituals so bei dir angekommen ist.
      Und wie schön, dein Lied! Bring es doch gerne im August mit nach Neukirchen. Ich freue mich drauf, es zu hören und auf dich!
      Liebe Grüße, Sabine

  2. Was du schreibst trifft auf Resonanz… gerade die letzten Monate waren so geprägt von der Wandlung, vom zwingenden Hinterfragen von Glaubenssätzen und heilen alter Gefühle. Und es ist immer noch sehr am arbeiten…. Es ist gut zu wissen, dass es anderen Menschen auch so geht. (-; Wie schön, dass ihr so ein gemeinsames Ritual haben konntet. Danke für das Teilen der schönen Texte!

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